Tod des Kontoinhabers bei sozialen Netzwerken - das regelt das Erbrecht

posted am: 22 Juni 2021

Der Tod eines Familienangehörigen reißt eine große Lücke sowohl in das eigene Leben als auch in das Familienleben. Gerade beim Tod von Kindern im Alter eines Teenagers stehen Eltern regelmäßig vor der großen Herausforderung, Einblick in die Benutzerkonten ihres Kindes bei sozialen Netzwerken zu erhalten. Denn mehrheitlich fehlen den Eltern die Kontozugangsdaten ihres Kindes in Form von Passwort und Benutzername. Auch versetzen soziale Netzwerke das Benutzerkonto des Verstorbenen oft in einen sogenannten „Gedenkzustand“. Im „Gedenkzustand“ ist der Zugang zu dem betreffenden Benutzerkonto gar nicht mehr möglich. Nur die Kommunikationspartner im sozialen Netzwerk des Verstorbenen können weiterhin Erinnerungen untereinander teilen. Außer dem Betreiber des sozialen Netzwerkes kann keine weitere Person auf den Inhalt des Benutzerkontos des Verstorbenen zugreifen.
Grundsätzlich aber berechtigt das Erbrecht die Eltern des Kindes, vom Betreiber des sozialen Netzwerkes zu verlangen, den Zugang zum Benutzerkonto und den dortigen Inhalten zu gewähren. Denn mit der Einrichtung und Nutzung des Benutzerkontos ("Accounts") schloss der Betreiber des sozialen Netzwerkes mit dem verstorbenen Kind einen schuldrechtlichen Vertrag ab. Bei Problemen kann man sich jederzeit an einen Anwalt wie von der Kanzlei Fink+Partner Rechtsanwälte wenden. Gemäß dem Erbrecht ist dieser schuldrechtliche Vertrag ein Bestandteil der Erbmasse und auf die Eltern als Erben übergegangen. Die Erben haben damit einen Anspruch auf die in dem Benutzerkonto enthaltenen höchstpersönlichen und vermögensrechtlichen Inhalte.
Sofern die Eltern des Kindes dann den Zugang zum Benutzerkonto einfordern, verwehren die Betreiber des sozialen Netzwerkes regelmäßig den Eltern den Zugang und verweisen auf das postmortale Persönlichkeitsrecht des Kindes als Erblassers, das Fernmeldegeheimnis oder das Datenschutzrecht. Diese drei Schutzbedürfnisse des verstorbenen Kindes stehen dem Zugang der Eltern zum Benutzerkonto aber nicht entgegen. Denn es gehen, unabhängig von einem Vermögenswert, ebenfalls Rechtspositionen mit persönlichen Inhalten auf die Erben bzw. Erbengemeinschaft über. Es kommt dabei nicht darauf an, ob die Inhalte analog (als Sache vorhanden) oder digital sind. Bedeutungslos ist, auf welchem Speichermedium der digitale Inhalt gespeichert wurde (eigene Festplatte, USB-Stick, externer Server). Auch das Fernmeldegeheimnis schützt im Erbfall den Erblasser nicht vor dem Zugriff des Erben auf den Inhalt des Benutzerkontos. Telekommunikationsdienste wie der Betreiber des sozialen Netzwerkes dürfen sich selbst und „anderen“ nur das erforderliche Maß an Kenntnissen von den Inhalten des Benutzerkontos verschaffen. Das Erbrecht erkennt hier die Eltern nicht als „andere“. Sie sind aufgrund des verfassungsrechtlichen Schutzes ihres minderjährigen Kindes an den Kommunikationsvorgängen auf dem Benutzerkonto beteiligt. Das Fernmeldegeheimnis ist daher nicht anwendbar. Ebenfalls nicht geeignet, den Zugang zum Benutzerkonto zu verwehren, sind datenschutzrechtliche Belange. Denn die Regelungen zum Datenschutz beinhalten nicht den Schutz personenbezogener Daten Verstorbener. Auch nicht von Belang sind die Interessen der Kommunikationspartner. Sie übermittelten ihre Daten freiwillig und bewusst an den Verstorbenen.

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